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Die intelligente Krücke

Manches höhrt sich total logisch an, leuchted so gut wie Jedem ein und sollte deshalb auch kommerziell ein Erfog werden. Ein Beispiel dafür möchte ich hier beschreiben. Nicht weil ich mich für den Mißerfolg schämen müßte oder weil ich Fehler gemacht habe, die ich in der Betrachtung des Ganzen im Nachhinein anders machen würde, nein ich würde so ein Projekt bestimmt wieder machen und hoffen, daß der Zeitgeist nicht nochmals gegen mich arbeitet.

Nehmen wir nur das Beispiel der Muskelstimulation im Sportbereich. Die Muskelstimulatoren, die meine Firma schon vor über 30 Jahren entwickelt und im medizinischen Bereich erfolgreich vertrieben hat waren vor 20 Jahren auf der Sportartikelmesse nicht gefragt, ja belächelt und deren Wirkung in Zweifel gezogen. Seit ein paar Jahren sind diese der Hit auf der FIBO Messe, es gibt sogenannte EMS Studios in allen Städten und das Internet ist voll von Angeboten davon. Der einzige Unterschied zu den damals  von mir angebotenen Geräte ist ein Buchstabe in der Abkürzung. Die Sache ist jetzt EMS und nicht EMP - also ist es Stimulation und nicht mehr Power, für die das P stand. Der Zeitgeist hat zugeschlagen.

 

Warum er das nicht tat bei der intelligenten Krücke ist mir bis heute ein Rätsel, aber ich war schon oftmals meiner Zeit voraus und vielleicht werden Entwickler das Produkt neu entwerfen und per Zufall oder per Google feststellen, daß es da schon mal gab. Die Idee dieser Krücke ist aber nicht von mir, sondern von einem Dr. Clar, seines Zeichens nach Orthopäde, damals noch Assistent an der UNI in Graz. Ich habe nur seine Gedanken aufgegriffen, sein Patent gekauft und eine Entwicklung angestoßen, um aus der Idee ein verkaufsfähiges Produkt zu machen. Die Entwickung ersteckte sich über mehrere Jahre, es steckten hunderte von Stunden an Softwareentwicklung darin und ebensoviele Stunden in Konstruktion. Die Herstellung der Vorserie verschlang große  Summen , der Versuch das fertige Produkt zu vertreiben nochmals.

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Aber abgesehen von einigen Paaren, wurde nichts verkauft und noch schlummern hunderte von Paaren auf der obersten Etage der Hochregale, dort wo man die nur einmal in Jahr  sieht bei der Aufnahme der Inventur. Ein Großteil ist bestimmt mittlerweile im Abfallcontainer gelandet, brauchbar sind die Geräte ohnehin nicht mehr, die Softwarebasis ist veraltet und die Akkus zerstört durch die lange Lagerung im entladenen Zustand.

 

Wodurch unterschieden sich die intelligenten von den dummen Krücken? Eine normale Krücke ist einfach nur ein Stützelement, zur Entlastung oder zur Absicherung nach Unfällen oder Operationen. Und nach vielen Operationen wird den Operierten gesagt, belasten sie das operierte Bein mit dem halben Köpergewicht, schlimmer noch, bei manchen Operationstechniken mit maximal 10 kg. Wie aber kann ein Patient wissen, was halbes Körpergewicht auf seinem Bein sind. Rechnerisch ist das kein Problem aber die Umsetzung ist nicht gegeben. Noch weniger die Aussage: 10 kg. In modernen Kliniken gibt es Laufstrecken, die das den Patienten anzeigen, oder der Physiotherpeut nimmt eine Personenwaage, stellt das Bein darauf, lässt den Patienten belasten, bis das halbe Körpergewicht an der Waage ansteht  und sagt dem Patienten: Merken sie sich das. Daß sowas nicht funktionieren kann, ist Jedem sofort bewusst.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Also eine intelligente Krücke meldet dem Patienten zurück, wann er bei jedem Schritt das vorgegebene Gewicht erreicht, beziehungsweise gibt sofort ein Zeichen, wenn er falsch, also über oder unter belastet. Höhrt sich einfach an, man baut ein Piepser in den Griff, Elektronik in den Schaft und ein Messaufnehmer in den Fuß, die Software macht das Übrige. Nur die Erarbeitung der techischen Lösungen erschließen sich nicht so leicht. Dehnungsmeßstreifen , die die Stauchung des Aluminiums bei Belastung in elektrischen Widerstand umsetzen, es handelt sich um Nanometer, Software die einen Algorythmus beherrscht, der den Anstellwinkel, die Momentanbschleunigung, die Schrittgeschwindigkeit und einige andere Parameter berücksichtigt, benötigt viele Testphasen der Verifizierung. Aber wir erreichten ein Produkt das alle Anforderungen erfüllte. Der Gang der Patienten konnte per Funkübertragung auf einen PC Bildschirm verfolgt und daher korrigiert werden, Gangschulung wird das in der Rehaklinik genannt.

 

Dann kam das Problem mit Kindern als Patienten. Wir entwickelten eine Version für Kinder, neue Software, neue Hardware. Andere Länder bevorzugen nicht die Unterarm Version, sondern die Achselkrücken. Auch dafür gab es eine eigene Entwicklung.

 

Die Vorstellung in den Rehakliniken stieß jedoch auf Ablehnung. Vielleicht fürchteten die Physiotherapeuten um ihre Jobs oder doch zumindest um ihre Wichtigkeit.  Die Ärtze verglichen die Preise eines Krückenpaars aus den Sanihandel -. 35 Euro, mit unseren Krücken 1200 Euro. Daß damit aber Rehazeit eingespart werden konnte, mehr Sicherheit gewonnen würde, Reoperationen seltener, Knorpeltransplatationen abgesichert würden, war als Argument zuwenig. Das Produkt war einfach zu modern.  Zu teuer oder zu billig. Die Entwicklung war zu kostspielig, die benötigte  Hardware, Funkmodul, Empfangsmodul technisch anspruchsvoll um ein Billigprodukt zu erzeugen. Zu billig bestimmt, denn ein chinesischer Importeur hat das Krückenpaar als REHA Device in den Handel gebracht, einen Rollwagen und den PC mit verkauft für 20000 Euro und dort lief das Produkt in kleinen Stückzahlen, aber sehr zur Freude des Händlers, wie man unschwer erkennen kann.

© 2020 by Bernd Kreutner

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