
Die Militärzeit
Nach dem Studium musste ich zum Militär. Ich hatte versucht das zu umgehen, aber das Kreiswehrersatzamt war schneller.
Doch der Reihe nach und mit Erläuterungen, weil man das heute sonst nicht mehr versteht, die Wehrpflicht ist ja abgeschafft und auch in späteren Jahren musste man nicht unbedingt mehr zum Bund, wie es damals hieß.
Mit dem 18. Jahr erhielt man die Aufforderung des Kreiswehrersatzamtes sich zur Musterung einzufinden . Da wurde man dann für den Wehrdienst für tauglich eingestuft, wenn man nicht extrem gebrechlich war, denn man brauchte jeden als Soldat. Es waren die geburtenschwachen Kriegsjahre und es herrschte der Kalte Krieg. Die Regierung rechnete täglich mit dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts.
Ich, als Topsportler konnte nicht den Kranken mimen und so war ich tauglich, wurde aber bis zum Ende meines Studiums zurückgestellt. Danach musste man sich was einfallen lassen, Wehrdienstverweigerer gab es damals noch nicht. Es gab zwei Möglichkeiten, entweder man verschwand nach Berlin, das damals nicht zum Bundesgebiet zählte oder man ging ins Ausland. Berlin, was manche Freunde von mir machten, wollte ich nicht, man musste viele Jahre dort bleiben und es war ja wie eine Insel, also Ausland. Man konnte auswandern, ich hatte mir die Unterlagen kommen lassen, es gab damals drei Auswanderländer, die hoch in Kurs standen. Australien, Kanada und Sued Afrika. Ich versuchte noch einen anderen Weg. Der ägyptische damalige Präsident hieß Nasser und er wollte Raketen bauen, um die gegebenenfalls oder auch direkt auf Israel abzufeuern und wer war kompetent im Raketenbau? Die Deutschen und ein deutscher Professor stellte Teams zusammen fuer diese Aufgabe. Ich informierte mich darüber und wollte das eigentlich tun, aber der Einberufungsbefehl des Kreiswehrersatzamtes war schneller, und wenn man danach noch ins Ausland oder nach Berlin geht, macht man sich strafbar.

Also trat ich meinen Dienst fürs Vaterland in einer Kaserne in Karlsruhe an. Es wurde dort eine neue Truppe aufgestellt, sog, Territoriale Verteidigung, die nicht der NATO unterstellt werden sollte. Eine Heimatverteidigungstruppe auf höchstem Niveau. Es war eine harte Grundausbildung , man hatte spezielle Ausbilder dafür abgestellt und ich verbrachte viele Tage und Nächte in den Wäldern rum um Karlsruhe, wurde im Graben- und Nahkampf ausgebildet, in Karate und anderen Fähigkeiten, die man im restlichen Leben eher nicht mehr benötigt oder besser gleich vergisst. Ich hatte keine Zeit nachzudenken, aber da wollte ich dann doch nicht die restliche Zeit verbringen und ich reichte ein Versetzungsgesuch ein zur ABC Abwehr, da dacht ich mir, kann ich wenigstens meine Kenntnisse aus dem Studium gebrauchen und so war es dann auch.
Ich durfte nach Bruchsal abwandern, wurde ein Spezialist in der ABC Abwehr und war dort der einzige Soldat im Batallion, der einen scharf geschliffenen Kampfspaten und ein Klappmesser im Stiefelschaft hatte, Überbleibsel meiner Zeit bei der Spezialtruppe.
Ich wurde der Adlatus eines etwas faulen Vorgesetzten, der mir die Arbeit, die er machen sollte übertrug und ich hatte ein interessantes Feld und machte Ausbildung und Vorträge in anderen Truppenteilen, plante Übungen und verhandelte mit zivilen Stellen . Es war ok. und ich verlängerte freiwillig auf 24 Monate. Ich war ein Z-Schwein, wie man bei der Truppe hieß.
Ich habe dort viel gelernt, insbesonders wie man Vorträge hält und Ausbildung macht für Leute, die im Prinzip Null Bock auf dieses haben und die meinen Ehrgeiz herausforderten, denen trotzdem was zu vermitteln. Denn was macht ein Soldat, wenn er nicht gefordert ist? Er schläft sofort , vielleicht auf Vorrat. Also galt es immer so interessant und aktuell zu sein, rhetorisch gut und smart. Ich hatte soviel Gelegenheit mich zu verbessern, denn ich konnte meine Erfolge gut an der Anzahl der Nichtschlafenden ablesen.
Einen angenehmen, aber arbeitsintensiven Nebeneffekt hatte meine Vortagsfähigkeit noch. Die ABC Abwehr wurde von anderen Truppenteilen angefordert, dort spezielle Ausbildung zu machen. Das wurde einem Offizier meiner Kaserne übertragen, dr dann , mit einem Fahrer und eben mir zu der entsprechenden Truppe unterwegs war. Dort trat mein Offizier vor die versammelte Mannschaft, begann zackig, wie es den militärischen Gepflogenheiten entsprach und nach wenigen Minuten brüllte r: Gefreiter Kreutner übernehmen sie. Jawoll Herr Oberleutnant und ich führte die Ausbidung weiter , den ganzen Tag, mein Oberleutnant war im Offizierskasino und erschien nur zum Ende des Tages. Aber ich lernte viele Truppenteile kennen, knüpfte Kontakte auf meiner Ebene, die sich später als ungemein nützlich erwiesen.
Bei der Bundeswehr gab es viele Übungen, im Gelände, im Wald . irgendwo und allen Übungen lagen Landkarten zu Grunde und ohne die ging nichts. Das zentrale System teilte jedem Truppenteil eine gewissen Anzahl von Karten zu, nach einem durchaus logischen Schlüssel, von dem direkten Ort viele, drum herum noch welche und generell von allen Bundesgebieten 2 Exemplare. Aber von den lokal benötigten waren es eben immer zu wenig. Also organisierte ich ein inoffizielles Austauschsystem mit Leuten aus meinem Netzwerk oder einfach aus dem Bundeswehr internen Telephonbuch, denn was braucht die Truppe aus Flensburg oder Regensburg 2 Karten von Bruchsal und ich konnte denen meine 2 aus deren Gebieten auf dem Dienstweg senden. Ich hatte also , sehr mit der Anerkennung der Vorgesetzten verbunden , genügend Karten. Nach dem ganz ähnlichen Verfahren hatte ich wundersamer Weise genügend Batterien oder Farbe Nato Olive.
Es gab natürlich auch harte Zeiten für mich, Truppenübungsplätze wie Baumholder. Grafenwöhr oder Heuberg gehörten dazu, Nachtmärsche mit Gepäck und wund gelaufenen Füssen, halt so das ganze Programm, aber körperliche Belastungen habe ich immer gut wegegesteckt, schwer zu ertragen waren unsinnige Befehle, von Leuten abgesondert, deren Anzahl der Gehirnzellen entweder schon immer wenige nur waren oder Opfer des Alkoholkonsums waren.
So überstand ich, als eigentlich dem Militärgedanken völlig abholder Mensch die Widernisse der Truppe , meine Frau hatte einen Job bei Siemes und ich ein wenig Wehrsold, der für unsere bescheidenen Lebensverhältnisse ausreichte. Wir konnten uns sogar ein kleines Auto kaufen, ein Citroen 2CV. Ente genannt, mit der wir noch lange nach Beendigung der Militärzeit glücklich waren und viele interessante Urlaubsreisen damit machten.
An dieser Zeit in Bruchsal denke ich immer noch gerne zurück und ich hatte später, als ich als Geschäftsreisender die Möglichkeit hatte, mir gelegentlich die Freiheit genommen, in Bruchsal zu übernachten. Die Stadt hat sich aber, wie alle deutschen Städte in den 80 er und 90 er Jahren so stark entwickelt und verändert, dass ich mich darin nicht mehr orientieren konnte, wenn ich einige Jahre nicht da war. Nur die Bundesstraße 3 nach Karlsruhe Durlach ist immer noch dieselbe, die Disco auf dem halben Weg zwischen Durlach und Bruchsal gibt es auch nicht mehr, man würde mich aber, falls die noch existierte, auch nicht mehr rein lassen, ich wäre zu alt dafür.
So riss ich denn die 24 Monate herunter, wie der Soldatenjargon das nennt, nahm mein Überbrückungsgeld und reiste mit einem Freund und meiner Freundin auf die Iberischen Halbinsel um erst zurückzukehren, wenn unser Geld zur Neige geht. Wir haben es lange ausgehalten, aber das ist eine andere Geschichte.