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Familie - Fortsetzung III

Kann sich heute  noch vorstellen, daß man kein Auto hat?

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Wir hatten lange keines und lange auch keinen Kühlschrank. Manchmal kauften wir ein oder zwei Stangen Eis, kein Speiseeis, wie man fälschlicherweise denken mag, sondern von einem Wagen , einem Eisverkäufer gefrorenes Wasser, Stangen , vielleicht 1 Meter auf 20 mal 30 cm . Die wurden dann in eine mit Stroh isolierte Kiste gepackt und das Bier und die Limo dazu. Sonst hatte man den Keller mit dem Naturboden, der immer kühl und feucht war, aber eben nicht kalt. Die Speisen, zum Beispiel Fleisch für den Sonntag, es gab nur am Sonntag Fleisch wenn wir es vom Metzger kaufen mussten wurde am Samstag gekauft und angebraten, oder in Wein und Essig plus Gewürze eingelegt.

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Dasselbe mit einen Hasen, wir hatten auch diese Tiere und auch da war das schlachten nicht das, wo ich gerne zusah. Aber Hasenbraten sauer eingelegt war dann schon wieder ok. Ich durfte nur nicht an das Tier denken.

Irgend wann hatten wir das Geld für einen Kühlschrank, es war besser als Weihnachten und Ostern zusammen. Der Kühlschrank hielt wirklich ewig, die Gummidichtung der Türe wurde immer geflickt, aber das Kühlaggregat war unverwüstlich.

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Auto kam viel später, aber erst mußte mein Vater einen Führerschein machen, und noch viel später meine Mutter. Quasi im fortgeschrittenen Lebensalter, aber sie bestand die Prüfung beim ersten Mal. Wir hatten nie gedacht, daß sie das noch schaffen würde. Dafür fuhr sie dann bis fast zu ihrem Tod mit 84 Jahren.

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Also kauften meine Eltern ein Ford 12 M. Es war ein tiefer Einschnitt in den täglichen Ablauf bei meiner Familie. Zuvor sind wir alle Fahrrad gefahren, weil wir nichts anderes hatten, auch bei jedem Wetter, bei Sturm Regen oder Schnee, winters wie sommers. Zur Arbeit , zur Schule , zum einkaufen ,zum Arztbesuch. Und man war gut zu Fuß, nie krank und nie erkältet. Man wurde unter der Regenpellerine nicht naß, mit Ausnahme der Unterschenkel und der Füße. Heute hohle ich mir mit ein bischen nassen Füßen eine Erkältung, damals fuhr man stundenlang nass durch die Kälte.

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Dann kam das Auto und nichts war mehr wie zuvor. Aber da wohnte ich schon nicht mehr zu Hause  und hatte auch schon mein eigenes Auto.

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Citroen auf der Eismeerstrasse

© 2020 by Bernd Kreutner

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