
Marokkoreise


















Ich erinnere mich nicht mehr an die vielen Orte und Gebrigsstraßen, unbefestigt, Marktflecken, wo wir Obst einkauften, hielten um zu photographieren und die Kinder abwehrten, die immer versuchten in die Autos zu steigen. Davor warnten uns in der Gegenrichtung fahrende Camper, man hielt immer wenn man sich kreuzte, tauschte Erfahrung und Tips aus und eben auch Warnungen. Also hütet euch vor Kinder, die einfach in die Autos einsteigen bei einem Halt und wenn ihr die endlich wieder rausgescheucht habt, fehlt alles, was nicht festgenagelt ist. Man hat soweiso die Autos , wenn man solche Touren macht, speziell gesichert. Alle Türen hatten einen Riegel innen, den man noch mit einem Vorhängeschloß sicherte und die letzte Türe, durch die man das Fahrzeug verlies, von außen ebenfalls mit einer Überwurffalle mit stabilem Vorhängeschloß sicherte. Die Logic war, daß es Diebe nicht daran hinderte, eine Scheibe einzuschlagen, aber wenn sich dann die Türe von außen nicht öffnen lies, es nicht einfach war, durch die Glasspitter durch das Fenster ins Fahrzeug zu klettern. Ein simpler Trick, aber sehr wirkungsvoll, voraugesetzt daß man nicht notfallmäßig sein Fahrzeug verlassen mußte. Aber man kann eben nicht alles haben. So hatte ich aber weder auf dieser Fahrt, noch auf vielen , die noch folgten, solcher Art Probleme. Ich hatte auch eine Sirene unter dem Wagenboden installiert, die verbunden mit einer zweiten Batterie und Türkontakten, einen höllischen Lärm machte, wenn eine der Türen geöffnet wurde. Leider vergaß ich manchmal diese auszuschalten, es gab einen verdeckten Schalter beim Tankstutzen, und ich weckte mehrmals die gesamten Leute auf einem Campingplatz auf .
In Rabatt gab es einen offiziellen Campingplatz, auf dem wir , die drei Fahrzeuge, also die zwei Schweizer und ein Deutscher aus Wattenscheid mit seinem Camper und ich Plätze suchten. Dort stießen wir auf drei völlig verängstigte Französinnen, denen man in der Nacht das Zelt von außen aufgeschlietzt und deren Rucksäcke gestohlen hatte. Wir nahmen uns heldenhaft derer an und versprachen Wache zu halten in der Nacht. Wir tauschen noch Adressen aus, zwei von ihnen stammten aus Lyon und, da ich später beruflich dort zu tun hatte, besuchte sie und wir hatten eine gute Zeit zusammen. später sogar einen Tochter, aber das ist eine andere Geschichte. Aber man sieht, wie das Leben seine eigene Regie führt, obwohl man glaubt alles selbst zu bestimmen.
Von Rabatt aus, trennten sich die Wege unseres Kovois, ich schloß mich einen anderen Konvoi an, dessen Ziel Marrakesch war. Dort blieb ich längere Zeit, der Campingplatz war ganz ok, immer angesteuert von neuen interessanten Leuten, man saß vor den Autos oder den Zelten, rauchte irgendwas, wobei ich da nur bedingt mittat. Ich hatte noch einen großen Vorrat an spanischen Brandy der Marke Beterano Osborn und das vertrug sich nicht mit dem Rauchen. Dummerweise hatte ich aber eine Pfeife, in der ich ein paar mal Gras rauchte und die mir einen Tag Kontrolle der spanischen Polizei auf der Rückreise einbrachte. Einer der eine gebrauchte Pfeife hat, die leicht am Geruch identifizierbar war, hat doch in einem solchen Auto, das durch den Innenausbau tausend Verstecke bot, gewiss Stoff gebunkert.. Ich verbrachte einen ganzen Tag neben meinem Auto, während viele Zöllner minutiös alles absuchten. Meine Matratze kontrollierten sie centimeterweise mit einer Nadel, alle Einbauten wurden abgeschraubt, sie krochen unter dem Auto herum. berieten sich wieder und starteten die Suche von Neuem. Schließlich schraubten die ein Rad ab, wogen es und verglichen es mit dem Gewicht des Reserverades. Aber ich hatte keinen Stoff dabei und man hatte mich gewarnt, bei der Fahrt Richtung Fähre und auf der Fähre das Auto nicht aus den Augen zu lassen. Es gäbe Gauner, die mit Draht unter dem Auto ein Paket befestigen und es nach dem Zoll irgend wie wieder zurück holten. Wird man allerdings bei Zoll erwischt, hat man echt ein Problem. Noch vor dem Zoll suchte in minutiös den Unterboden meines Campers mit einer Taschenlampe ab, um wirklich sicher zu sein. Selbiges tat ich auf einer späteren Ausreise von der Türkei nach Griechenland, sicher ist sicher und ich tue es heute immer noch , wenn ich in einem Land bin , wo es gefährlich ist, mit meinem Koffer im Hotel vor der Abreise zum Flughafen.


















Aber noch bin ich im Marrakesch, jeden Tag in der Altstadt, Tee trinken , auf dem Markt herumschlendern, den Schlangenbeschwöreren zuschauen, feilschen um einfache Dinge, mit anderen Europäern schwatzen , Erfahrung austauschen. aber ich war oft vor meinem Camper und jeden Tag besuchte mich ein Händler, der mir etwas verkaufen wollte. Oder etwas tauschen. Ich tauschte tatsächlich eine paar lokale Souveniers gegen eine paar getragene Turnschuhe und er nannte mich fortan Addidas. Ich wollte aber partout nichts kaufen. So ging er abends mit der Drohung weg : Morgen wirst du was kaufen. Wir konnten gut kommunizieren, er sprach , wie viele Leute in Marroko, französisch.
Ich höhrte das klopfen an der Türe meines VW Bullies und erhob mich von meinem Lager und schaute durch die Seitenscheibe. Mein arabischer Freund stand davor und gestikulierte. Ich zog mir schnell etwas über und öffnete die Türe. Da stand er und zeigte stolz auf eine total verschleierte Gestalt. Diese Frau wirst Du kaufen, sagte er. Ich war geschockt und konnte garnicht antworten. Er nannte den Preis, den ich heute, nach 50 Jahren noch weiß, 25 Dirham. Ich betrachtete die Gestalt, offensichtlich eine Frau, von der Statur her kräftig, älter dachte ich. Nur die Augen konnte ich sehen, aber was sagen die schon über die Trägerin, wenn man sonst nichts zu sehen bekommt. Wie stellst Du Dir das vor, was soll ich mit einer Frau? Sie kann vor Deinem Buss schlafen und Dich bedienen, war die Antwort. Und wenn ich von hier wegfahre, über die Grenze, hat sie Papiere, was soll dann werden? Das ist Dein Problem, nicht mehr meines. Ich habe die Frau nicht gekauft. Aber war das echt gemeint, seine kranke Großmutter, eine überzählige Ehefrau meines Arabers. Ich werde es nie erfahren. Gab es in dieser Zeit noch Sklaverei? Vermutlich ja und gibt es wohl bis heute, wenn man den neuen Berichten über Lybische Flüchtlingslager glauben darf. Aber es war ein Kapitel meines Marokkoaufenthaltes , das ich nicht vergesse.
Von Marrakesch aus suchte ich eine Straße nach Süden in das Gebiet, das damals umkämpft war und eine Unabhängigkeitsbewegung , die Polisario, hervorbrachte. Es war einfach nur der Versuch, noch eine wenig südlicher , dem Herzen Afrikas näher zu kommen. Das war natürlich ein unsinniger Versuch und mein Auto war für die Sandpisten auch nicht ausgerüstet. So kehrte ich einsichtsvoll nach zwei Tagen wieder um, fuhr in Etappen weiter nach Agadir, einen schon etwas europäisch gestyltem Badeort. Hier hatte man den Eindruck garnicht mehr in Marokko zu sein, nach all den vorhegehenden Erlebnissen. Und langsam an der Küste wieder hoch bis nach Ceuta, der spanischen Enklave in Afrika. Von dort wieder über Tanger nach Algiciras, wo mir die schon geschilderte Zollkontrolle zu teil wurde.
Danach hatte ich die Idee, eine Freundin in Florenz noch treffen zu wollen und so umrundete ich ein langes Stück das Mittelmeer, erst an der spanischen Küste entlang, dann an der französischen und schließlich bis Rimini an der italienischen und dann ins Landesinnere nach Florenz. Wie lange ich für diesen Gewalttrip gebraucht habe, ist mir nicht mehr erinnerlich. Aber ich habe meine Freundin getroffen und wie sind zusammen nach Deutschland zurückgefahren. An die Rückfahrt erinnere ich mich nur insofern, als daß es am Brenner schon geschneit hat und ich eine Chelaba , die ich in Marokko gekauft hatte, und die normalerweise die Beduinen in der Wüste des Nachts gegen Kälte schützt, übergezogen hatte mit einer Kaputze, was mir bei meiner Freundin eine Spitznamen einbrachte, der mir erhalten blieb, die vielen Jahre, die wir zusammenlebten.

























Von was träumt ein normaler Angestellter, der Jahraus Jahrein seine Arbeitszeit der Firma widmet, manche Wochenende, die eigentlich frei sein sollten dazu und auch nicht seine acht Stunden ableistet, sondern die Aufgaben erfüllt, ohne zu murren. Er hat natürlich seinen Jahresurlaub, den er zum Teil zu nehmen hat, wie es dem Arbeitgeber in den Ablauf passt, einige Tage verbraucht er noch um zwischen Weihnachten und Neujahr frei zu haben und einige, für Events wie Hochzeiten von Freunden, Beerdigungen von nahen Verwandten und dergleichen.
Also mal so richtig lange frei zu haben, zu reisen, ohne schon zu Beginn das Ende wieder vor Augen zu haben. Einfach ohne den immer gefühlten Zeitdruck auszukommen, der Volksmund sagt dazu: Den Herrgott einen guten Mann sein zu lassen. Aber wie könnte man das realisieren in einem normalen Arbeitsverhältnis? Natürlich einfach ohne ein solches.
Die Firma, in der ich damals arbeitete, hatte die Gepflogenheit, einen Mitarbeiter, der kündigte, sofort, oder zumindest nach erfolgter Übergabe der Geschäftstätigkeit an einen Nachfolger, oder zumindest die ausführliche Dokumentation des Laufenden, frei zu stellen.
So kam man noch in den Genuß von zwei bis drei Monatsgehältern und war nicht gezwungen sofort eine neue Stelle anzu treten. Das im Hinterkopf, ersteigerte ich auf einer Auktion der Bundespost einen defekten VW-Bulli, und das eben schon ein Jahr vor der geplanten Kündigung. Diesen Bulli restorierte ich , soweit ich das selber machen konnte, einen Austauschmotor ließ ich mir einbauen und lackierte das Teil, natürlich nach gründlicher Schmirgelarbeit der ganzen Karosse, dem heraus nehmen der Scheiben und dem montieren des Reserverades auf die Front gelb und rot. Dann in noch viel mehr Wochenendarbeit baute ich den Bulli innen aus, nach eigenem Design, einfach aber zweckmäßig. Eine Spüle, ein paar Schränke, einen Kühlschrank und einen Klapptisch. Das Bett entstand über dem Motorraum in Verlängerung der Sitzbank. Einige kleinere Urlaubsfahrten, mit meiner damaligen Frau in den Spessart , ans schwarze Meer im rumänischen Teil, testeten die Tauglichkeit. Unser scharzer Cockerspaniel liebte das Auto, er pflegte auf dem Kühlschrank zu stehen und die Kurven auszubalancieren.
Dann kam der große Tag. Die Firma stellte mich, nach Fertigstellung der Dokumentation erwartungsgemäß frei, von meiner Frau hatte ich mich inzwischen getrennt und ich fuhr in meinem gelb roten Bulli los. Immer nach Süden und Westen. Irgend wann geht es dann zu Land nicht mehr weiter und man nimmt eine Fähre über die Straße von Gibraltar und ist in Afrika, genauer gesagt in Marokko.
Auf dem Weg dorthin machte ich immer wieder Station, ich war ja unter keinerlei Zeitdruck. So besuchte ich eine befreundete Familie die auf Cap D'agde FKK Urlaub machte und verbrachte einige Tage auf dem Sofa in deren Ferienwohnung. Aber FKK ist nicht meine Welt. Ich habe nichts gegen Nackte in der Sauna oder am Baggersee, aber in einer Wohnung ist es schon ganz was anderes und als ich morgens früher aufwachte als meine Freunde, ging ich in den Supermarkt um frische Brötchen oder einen Baguette zu besorgen. Dort stand ich in der Schlange vor der Kasse, vor mir der nackte Arsch eines Mannes, hinter mir die Brust einer Frau an meinem Rücken, wirkich nicht meine Welt und ich reiste weiter. Immer an der Küste entlang, Barcelona besuchend, Valencia , Murcia und dann den Schwenk über die Berge nach Grenada. Dort hatte ich zum ersten Mal Probleme mit meinem Bulli. Das Gemisch , das der Vergaser lieferte, war für die Höhe in der Sierra Nevada einfach zu fett. Aber damals waren die Autos so, daß man wusste wo man schrauben mußte und so konnte ich das Problem selber lösen. Ich blieb ja auch nicht auf der Passstraße stehen, nein die Motorleistung nahm einfach immer mehr ab, aber ich hatte von diesen Möglichkeiten schon gelesen und war gewarnt und fähig es zu beheben. Die Gebirgsstraßen in der Sierra waren atembraubend, wie ich mich nach so vielen Jahren noch erinnere, aber die Straßen hatten nach der Talseite keine Begrenzung und es war mir schon etwas mulmig zu mute. Gernada mit Alhambra und Generalive sind jedoch Eindrücke, die immer in meinem Gehirn gespeichert bleiben werden. Zurück durchs Gebirge an die Küste nach Malaga, irgendwann dann Algeciras , von wo aus die Fähre nach Afrika übersetzt. Vorher noch eingekauft, alle Vorräte ergänzt, Wassertanks gefüllt, denn ich wußte ja nicht, was mich dort erwartete.
Übergesetzt nach Tanger, der Stadt , die im 6. Jahrhundert v. Chr. von Karthagern gegründet wurde. Das Abenteuer begann. Die Reisen in dieser Zeit waren auch damals schon nicht ungefährlich und so bildeten sich , schon auf der Fähre, Zweckgemeinschaften von Reisenden mit Campingfahrzeugen, die sich absprachen im Kovoi zu fahren von 3 bis 4 Autos, um gegenseitig sich etwas sicherer zu fühlen. Ich fand zwei Schweizer in einen VW Bus und ein Deutscher in einem anderen Fahrzeug, und wir legten eine gemeinsame Route fest, nachdem wir uns Tanger angesehen hatten. Wir einigten uns , zunächst nach Chefchaouen zu fahren, weil es dort, nach Auskunft der Schweizer frisches Wasser gäbe um die Tanks der Reisemobile zu füllen. So geschah es und wir kamen gut dort an. Und es gab in der Tat an vielen Stellen frisches Wasser, das aus dem Berg sprudelte.
Wo übernachtet man mit seinem Wohnmobil, wenn es keine Campingplätze gibt. Die Schweizer wußten die Lösung. Man sucht ein Hotel mit einem genügend großen Parkplatz und fragt, ob man gegen etwas Backschisch dort stehen darf für ein oder zwei Nächte. Wir durften und sahen uns das Örtchen an. Wir kauften auf dem Markt ein, ein gehöriges Stück Lammfleisch und brieten das auf einen Grill, den die Schweizer dabei hatten. Leider war gerade Ramadam und die umliegenden Berbermänner schauten böse zu uns rüber, da ihnen der Geruch von Gebratenem in die Nasen stach, die aber erst nach Sonnenuntergang essen durften. Des Nachts strömte das Volk in die Mitte des Örtchens, wo große Tische standen und alle dort aßen. Wir setzten uns dazu, bekamen eine Schüssel mit einem Brei und Gemüse, Das war ganz ok, man aß mit den Fingern, auch noch ok, aber dann ging ein großer Krug mit frischen Wasser reihum und ich überwand meinen Ekel und trank ebenfalls daraus. Wir zogen nach zwei Tagen weiter in Richtung auf Rabatt zu, wobei wir oftmals stehen blieben, Städte anschauten und andere Camper trafen und gemeinsam weiter fuhren.